Die norddeutschen Ritter bauten in Sumpfniederungen

Während man in Süddeutschland Burgen fast nur auf Höhenzügen findet, baute der Adel der Norddeutschen Tiefebene seine „Burgen“ meist in Sumpfniederungen, wo ihnen das große Wasservorkommen Gelegenheit gab, ihre Rittersitze mit tiefen, oft mehreren Burggräben zu sichern.

 

In dieser Art ist auch die alte Burg Hollwinkel, der jetzige Hauptwohnsitz der freiherrlichen Familie von der Horst.

Vier Familien – vier Epochen

Die Geschichte der Burg lässt sich nach ihren Besitzern in vier Abschnitte einteilen:

1250 bis Ende 14. Jahrhundert: Familie von Holle
1439 bis 1758: Familie von Schloen gen. Gehle,. Ihnen gehörte auch Schloss Hüffe.
1758 bis 1776: Familie von der Asseburg
1776 bis heute: Familie Freiherrn von der Horst

Die ersten Besitzer – Die Familie von Holle

Die ersten Besitzer, denen die Burg ihren Namen verdankt, waren die Herren von Holle, ein uraltes Rittergeschlecht, das aus dem Stift Hildesheim stammte. Das niedersächsische Dorf Holle besteht heute noch, wobei das Schloss längst zerstört ist.

In der zweiten Hälfte des 13.Jahrhunderts wurden die Holles nach verschiedenen Fehden mit den Grafen v. Woldenberg vertrieben und siedelten sich im Bistum Minden an. Es wird angenommen, dass in dieser Zeit um 1250, die Gründung Hollwinkels fällt. Genaue zusammenhängende Nachrichten fehlen. Nach einer alten Überlieferung soll ein Allerant v. Holle, der 1249 bis 1295 lebte, der Erbauer sein.

Drei tiefe Gräben und dicke Wälle umgaben die alte Burg. Die vier einstöckigen Flügel, der geräumige Schlosshof und der alte Burgfried sind uralt und stammen aus der Gründungszeit. Im unteren Teil des mächtigen, runden Burgfrieds, der noch heute in seiner Form auf der südlichen Schlossseite erhalten ist, lagen die Gefängnisse, während im Oberen sich eine Kanonenbastion befand. Die Turmmauern selbst sind teilweise hohl und dienten als Verlies.

Im Jahre 1350 wurde der Ritter Johann v. Lübbecke mit der Burg belehnt. Das Geschlecht von Lübbecke kommt schon früh in der Geschichte des Stifts Minden vor. Eine erneute Belehnung der Burg Hollwinkel erfolgte im Jahre 1408 an den Statius v. Lübbecke, dessen Familie im Erbenstamm 1439 ausstarb. Statius v. Lübbecke war verheiratet mit Künneke von Schloen. Der Familie v. Schloen gelang es so, über die Verwandtschaft mit der Familie v. Lübbecke deren Lehen vom Bistum Minden zu erhalten. So wurde Ernst von Schloen gen. Gehle, 1441 zum unmittelbaren Nachfahren des Statius v. Lübbecke.

Die Familie von Schloen genannt Gehle

Ernst v. Schloen gen.Gehle war im Grenzbereich der Bistümer Minden und Osnabrück einer der mächtigsten Adeligen. Von seiner dem Bistum Minden lehnspflichtigen Wasserburg Hollwinkel aus, seinem Wohnsitz, sicherte er das Bistum Minden nach Westen und geriet dadurch auch in Konflikt mit dem Bistum und der Stadt Osnabrück. Im Sommer 1459 griff die Stadt Osnabrück erneut die Burg Hollwinkel an und belagerte sie, konnten sie jedoch nicht einnehmen. Dies spricht für den Charakter von Hollwinkel, als einer stark befestigten Wasserburg.

Nach einer alten Steintafel am Burgfried ist 1504 Johann v. Schloen gen. Gehle, Sohn des verstorbenen Ernst v. Schloen gen. Gehle, Besitzer von Hollwinkel. Steintafeln mit Wappen und Namen der Besitzer sind meist Zeichen von baulichen Veränderungen. So stammt der von den v. Gehle gemachte Umbau gewiss aus dem Jahre 1504. Auf dem alten massiven Unterbau wurde ein Fachwerkgeschoss aufgesetzt.

Im 15. und 16. Jahrhundert hat besonders die Familie v. Schloen gen. Gehle auf den Gütern Hollwinkel und Hüffe für eine starke Bevölkerungsvermehrung gesorgt. Unter Kurt Plato v. Schloen gen.Gehle, der Rittmeister und militärischer Befehlshaber in braunschweigerischen und spanischen Diensten war, soll Hollwinkel mehr oder weniger unbewohnt gewesen sein. Während Kurt Platos Abwesenheit wohnte seine zweite Frau Meta geb. v. Reden a.d.H. Ovelgünne zeitweise auf Hollwinkel und übernahm verwaltungstechnische Aufgaben.

Erst seit 1652 wohnen die Gehles wieder dauerhaft in Hollwinkel. Aus dieser Zeit nämlich findet sich ein Wappenstein, des Ernst Kord v. Gehle und seiner Frau Agnes v. Tribbe, der auf der Nordseite des Gewächshauses 1671 eingelassen wurde. Wahrscheinlich sind in diesen Jahren die durch den 30jährigen Krieg nötig gewordenen Instandsetzungen des Hauses vorgenommen und der Ostflügel neu aufgebaut worden.

Seit etwa 1694 übernimmt Konrad Friedrich v.Schloen gen. Gehle für seinen Vater Ernst Kord die Verwaltung von Hollwinkel, der nach seinem Tod 1714 das Erbe an seinen Sohn Ludwig Konrad Anton Frhr. v. Schloen gen. Gehle übertrug. Dieser war kurpfälzischer Oberhofmarschall. 1758 starb der Oberhofmarschall v. Schloen gen. Gehle ohne weitere lehnsfähigen Leibeserben zu hinterlassen.

Die Familie von der Asseburg

Der damalige Lehnsherr König Friedrich II. verkaufte Hermann Werner v.d. Asseburg 1778 53´000 Reichsthaler das Rittergut Hollwinkel.

 

Die Familie von der Horst

Der preußische Staatsminister Julius August Freiherr von der Horst kaufte am 09.November 1779 unter königlicher Einwilligung das Gut Hollwinkel,das sich seit diesem Zeitpunkt ununterbrochen im Besitz der Familie Frhr. v.d.Horst befindet, samt dem Hofgut für 72.000 Reichsthaler. Er machte Hollwinkel zum dauernden Sitz der Freiherrn v.d. Horst. 1778 trat er das Gut seinem Sohn Friedrich ab, bevor er 1791 während einer Kur in Selters starb.

Eine Gedenksäule, die seine Tochter Wilhelmine für ihn errichten ließ, ist heute noch im Schlosspark Hollwinkel zu finden (ein Zeitungsartikel über dieses Denkmal ist im Anhang zu finden).

Friedrich Frhr. v.d. Horst ließ, während er Hollwinkel nur zeitweise bewohnte, das Wohnhaus wieder etwas in Stand setzen.

Hollwinkel , von 1791 bis 1830 unbewohnt und nur von einem Rentmeister verwaltet, befand sich in einem schlechten Zustand. Nach dem Verkauf des alten Horst’schen Familiensitzes Gut Haldem 1830 ließ der Regierungspräsident August Friedrich Carl Hermann Frhr. v.d. Horst, Enkel des Staatsministers, den Vorderflügel und den südliche Teil des Westflügels erneuern und den alten Burgfried ausbauen. Der innere Graben wurde zugeschüttet. Seit 1830 ist Hollwinkel Hauptsitz der Familie v.d. Horst.

Durch einen 1841 geschlossenen Vertrag wurde das Gut seinem Sohn, dem Landrat des Kreises Lübbecke, Adolph August Ernst Ludwig Frhr. v. d. Horst übertragen.

1844 wurde die Familie in den preußischen Freiherrnstand erhoben. Am 23.12.1825 kauft Freiherr von der Horst die Ellerburg in Fiestel. Das Amt des Landrats übte er überwiegend von der Ellerburg aus, wohnte ab 1840 jedoch auf Hollwinkel.

Obwohl 1831 ein großer Teil des Wohnhauses neu gebaut wurde, war doch bald eine Verbesserung gerade dieses Teils erforderlich. In den Jahren 1870 bis 1873 wurde der Südflügel ganz neu im Altdeutschem Stil ausgeführt, ein Mischstil, der sich aus Elementen der Gotik, der Renaissance und des Barock zusammensetzt. Die Dächer wurden mit Türmen und Erkern versehen.

Zu Hollwinkel gehörte zu dieser Zeit das Kronpatronat über die Alsweder Kirche, das Patronat über die Hedemer Schule, die Holzgrafschaft und Gerichtsbarkeit über die Hedemer Mark und 36 leibeigene Höfe im Umfeld.

Luftbildaufnahme – Berthold von der Horst / Dr. Karl Dietrich Edenfeld

Die Baugeschichte von Schloss Hollwinkel

An wenigen Burgen und Schlössern Nordwestdeutschlands ist die Baugeschichte so gut abzulesen wie an dieser ehemaligen Feste. Der heutige Fünfflügelbau entstand auf spätmittelalterlicher Grundlage.

Vom frühen bis in das hohe Mittelalter bestimmen und finanzieren König, Adel und Klerus die Bauprogramme. Neben Kirchen und Klöstern treten im hohen Mittelalter die Burgen hervor. In ihren Typen verbindet sich die machtpolitische militärische Zweckarchitektur mit dem repräsentativen Lebensstil des Adels.

Ein stattlicher Rundturm mit über zwei Meter mächtigem Mauerwerk aus dem 13. Jahrhundert, der ursprünglich wohl isoliert stehende Kern der Wasserburg, bildet jetzt den westlichen Abschluß des Südflügels.

Im Sinne des Historismus erhielt der bis 1870 mit einem Kegeldach geschützte Turm eine Zinnenbekrönung. Der dem Turm vorgebaute, von vier römischen Säulen getragene Balkon ist vermutlich um 1800 errichtet worden; er sollte dem Bauwerk einen klassischen Akzent verleihen. Der Südflügel wurde 1870 als Massivbau im gelblich-roten Sandstein geschaffen. Ihn kennzeichnen neugotische Stilformen. Den Neubau errichtete man Anstelle eines ursprünglich zweistöckigen, später im Dachgeschoß ausgebauten Wohnhauses. Sandstein untertage an der Porta geschnitten, stark eisenhaltig.

Ein Treppenturm neben der Kapelle, die den Südflügel im Osten abschliesst, stammt, wie seine Fenstergewände ausweisen, noch aus gotischer Zeit. Ein Umbau des Turmes erfolgte 1735.

Eine Empfangshalle mit breitem Treppenaufgang nahm die gesamte Breite des Südflügels ein. Heute wird der Flügel zum Teil als Wohn- und Praxisbereich genutzt. An der Nordwand der Halle demonstrieren 32 gemalte Wappen die Ahnenfolge des Geschlechtes von der Horst. Bemerkenswert erscheint ein sorgfältig gearbeiteter spätgotischer, 1587 datierter Kamin im Herrenzimmer des ersten Stocks mit der Inschrift »Benedicto Domini Divites Facit« (Durch den Segen des Herrn kommt der Reichtum). Ein neugotischer Aufsatz von 1872 mit zwei seitlich postierten Figuren trägt kaum zur Erhöhung seiner Wirkung bei. Es gibt keinen Raum, den nicht Ahnenbilder der Sippe von der Horst schmücken. Der Betrachter erlebt nicht nur die Familiengeschichte, er kann gleichzeitig die Entwicklung von Prunkrüstung und Uniform sowie den Wandel der Mode der letzten vierhundert Jahre verfolgen. Sechs im vorigen Jahrhundert an der Außenwand des Südflügels aufgestellte Epitaphien der Familie von Schloen zeigen in Lebensgröße Relieffiguren aus den Jahren 1581, 1588 und 1595. Das Grabmal des 1595 verstorbenen Ernst von Schloen stellt den Ritter noch in voller Prunkrüstung mit Schwert und Dolch dar, umkränzt von den Wappen seiner Ahnen. Er war ein Mann voll Vertrauen zum Allmächtigen, wie die Inschrift des Epitaphs besagt „Wen Gott will ernähren, den kann weder Deubel noch Hell scheren.“

Die westlichen, nördlichen und östlichen Burgflügel sind auf den Grundmauern der ersten Anlage in Fachwerkbauweise errichtet. Während die Außenwände wie die Dächer mit Schieferplatten bedeckt sind, stellen die Hoffronten unterschiedliches Fachwerk zur Schau. Unmittelbar östlich des Schlosses befand sich noch Ende des 19. Jahrhunderts eine Orangerie, deren Fenster dem Zeitgeschmack entsprechend in Eisenrahmen eingefaßt waren.

Während Schloß und Hausgarten eine breite Graft umzieht, wird die als Wirtschaftshof genutzte Vorburg nicht mehr von einem Wassergraben geschützt.

Schloß Hollwinkel dient heute als Mietwohnung. In der Vorburg lebt zur Zeit der Eigentümer mit seiner Familie.

Luftbildaufnahme – Berthold von der Horst / Dr. Karl Dietrich Edenfeld

Luftbildaufnahme – Berthold von der Horst / Dr. Karl Dietrich Edenfeld

 

Text: Berthold von der Horst, 24. März 2018

Fotos: Berthold von der Horst und Eva Rahe